14.05.2018

Dr. Dietmar Harting, Ehrenpräsident des ZVEI sowie Gesellschafter und Vorstand Harting Stiftung & Co. KG

Herr Dr. Harting, Sie haben ein beeindruckendes Stück Technikgeschichte erlebt. Gibt es aus Ihrer Sicht einen „Spirit“ der Elektroindustrie, der über die Jahrzehnte hinweg bestehen geblieben ist?

Mit Sicherheit. Gerade erst fiel mir bei meinem Besuch der Hannover Messe – und die besuche ich seit 1947! – wieder die Fähigkeit, die Kraft und der Wille zur Veränderung der Aussteller auf. Sie machen meiner Ansicht nach den Spirit – und den Erfolg – unserer deutschen Industrie, insbesondere der Unternehmen der Elektroindustrie aus. 

Wir als Unternehmer sind gefordert, Bestehendes in Frage zu stellen und Neues zu wagen. Nur so schaffen wir es, unseren Kunden Innovationen und Lösungen zu liefern, mit denen wir gemeinsam wachsen. Wenn ich zurückgehe in das Jahr 1945, in dem meine Eltern das Unternehmen gründeten, so steht unsere Produktpalette, beginnend mit Kochplatten und Weidezaungeräten, über Phonogeräte und Musikboxen, bis hin zum Harting-Steckverbinder stellvertretend für eine Entwicklung, die vergleichbar viele andere Unternehmen durchliefen. Wir haben mit dem begonnen, was sich unsere Kunden wünschten, das konsequent fortgesetzt und uns zu erfolgreichen Industrieunternehmen auf dem Weltmarkt entwickelt. 

Von 1998 bis 2004 waren Sie der erste Präsident des ZVEI, der aus einem mittelständischen Unternehmen kam. Wie hat sich die Rolle des Mittelstands in der Branche seitdem verändert?

1998 stand der ZVEI vor einer existentiellen Neuausrichtung: Mit der Gründung des Bitkom und der Orientierung einiger unserer Großunternehmen in Richtung eben dieses Branchenverbands brachen wichtige ehrenamtliche Mitstreiter und Beitragszahler weg. Meine Zielvorstellung als Präsident war daher, dass zukünftig auch der Mittelstand eine tragende Rolle im ZVEI spielen müsse. Dabei konnte ich auf eine breite Unterstützung durch die Mitglieder setzen, die genau diese Neuausrichtung immer befürwortet haben. Heute profitieren wir alle von der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Unternehmen verschiedener Größen. Das hat den ZVEI vorangebracht und ihn zur Heimat auch vieler neuer Mitglieder werden lassen. 

So bietet der ZVEI nunmehr den idealen Gestaltungsraum, in dem alle Mitglieder ihre Interessen, Bedürfnisse und auch Sorgen vorbringen und gemeinsam zukunftsorientierte Lösungen erarbeiten und realisieren können. Hier leisten Ehrenamtliche und die Mitarbeitenden des ZVEI hervorragende Arbeit.

Die deutsche Elektroindustrie blickt auf große Innovationen zurück. Als Zukunftsbranche schaut sie aber vor allem nach vorne. Wo sehen Sie hier die größten Herausforderungen?

Die Industrie 4.0 ist derzeit zweifelsohne die größte und spannendste Herausforderung. Industrie 4.0 unterstreicht klar die Zukunftsorientierung unserer Branche und zwar nicht nur als erfolgreiches Markenzeichen, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Dafür steht nicht zuletzt die international erfolgreiche Rami-Verwaltungsschale, die wir gemeinsam mit anderen Verbänden entwickelt haben. Diese hervorragende (Ausgangs-)Position gilt es zu nutzen, um die Digitalisierung der Fabriken und Netzwerke voranzutreiben. Denn Protektionismus, Marktmacht und Themen wie Cybersicherheit werden unsere zukünftigen Herausforderungen sein. Deshalb gilt es unsere Kräfte nicht nur zu bündeln, sondern Industrie 4.0 gemeinsam mit Partnern zum Erfolg zu führen.

Auf welche Innovation möchten Sie persönlich nicht verzichten, hat Ihr Leben am meisten beeinflusst?

Das ist ganz klar der Transistor. Er hat das exponentielle Wachstum der Mikroelektronik erst ermöglicht und den Grundstein gelegt für unsere digitale Welt. Diese Entwicklung mutet fast magisch an. Sie hat mich sehr beeinflusst in meinem Leben und ich bin gespannt, wie sie weitergeht.

 

Weitere Interviews aus dieser Reihe

Dr. Dietmar, Harting AG
Christian Otte Erbe, Erbe Elektromedizin
Dr. Gunther Kegel, Pepperl+Fuchs
Michael Ziesemer, ZVEI

Zurück