Interviewreihe 100 Jahre ZVEI
14.07.2017
Während zu Anfang ausschließlich die Automatisierung der wichtigsten Wertschöpfungsvorgänge im Fokus stand, wurden in den vergangenen Jahrzehnten Schritt für Schritt weitere Aufgaben von der Automatisierung adressiert: Logistik und Distribution, funktionale Sicherheit von Maschinen und Anlagen, Umweltschutz und Energie-Effizienz, um die wichtigsten zu nennen. Heute steht die Automatisierung wieder vor der Aufgabe, einen Beitrag für zukünftige Effizienzgewinne und neue Geschäftsmodelle zu leisten. Einmal mehr erweist sich die Automatisierung als echte „enabling technology“: Die Konzepte rund um die Begriffe „Industrial Internet of Things – IIoT“ und „Industrie 4.0“ erfordern den direkten Zugriff auf Messwerte, Parameter und Daten aus den Feldgeräten, Maschinen, Anlagen und Fabriken. Die Konnektivität dieser Geräte und das Management der zur Verfügung gestellten Daten werden Aufgabe der Automatisierung sein; die Grenze zu den Informationstechnologien wird zunehmend verschwinden.
Nach meiner Auffassung ist das keine sprungfixe Funktion, die einen gewissen Digitalisierungsgrad vorgibt. Die „Smarte Fabrik“ ist vielmehr eine Philosophie der ständigen Verbesserung von Qualität, Effizienz und Ressourceneinsatz durch Digitalisierung und Vernetzung. Dabei können unterschiedliche Bereiche der Wertschöpfung durchaus unterschiedliche Reifegrade aufweisen. In der elektronischen Fertigung beispielsweise ist die Herstellung und Bestückung der Leiterplatte heute bereits durchgängig digitalisiert und vernetzt. Diese Vernetzung schließt selbst vorgelagerte Wertschöpfungsprozesse bei Zulieferern und Daten aus dem Lebenszyklus mit ein. Der anschließende Montageprozess ist häufig noch deutlich weniger stark automatisiert. Hier liegen die nächsten Effizienzpotenziale der digitalen Fabrik der Zukunft.
Die heutigen Megatrends lassen erkennen, dass wir in 35 Jahren unsere Energiebedarfe hauptsächlich aus erneuerbaren Quellen decken, und unsere Mobilität wird weitgehend elektrisch sein. Automatische Gesundheitsprävention und neue Medizintechnologie werden die Lebenserwartung weiter erhöhen und die Herstellung und Verteilung von Waren wird keine menschliche Wertschöpfung mehr erfordern. An ihre Stelle treten Überwachungs- und Optimierungsfunktionen. Arbeitsplätze werden vollständig dezentralisiert und der Mitarbeiter wird in den virtuellen 4D-Meetings durch einen persönlichen Avatar repräsentiert. Jedem Mitarbeiter wird die Möglichkeit gegeben, seine eigene Balance zwischen Erwerbstätigkeit und persönlicher Lebensgestaltung und Sinnstiftung individuell zu gestalten.
Ohne jede Frage hat das Internet unser Leben in den letzten Jahren bereits mehr verändert als jede andere Technologie und doch stehen wir hier erst am Anfang einer phänomenalen Entwicklung. Insofern möchte ich vor allem auf das Internet und die vielen smarten Endgeräte nicht mehr verzichten.
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